Von amerikanischen Entrepreneuren über deutsche Mechaniker zu französischen Bäckern. San Miguel de Allende ist ein wahrer Schmelztiegel der Kulturen und wir bekommen von allem nur das Beste… fast!
Nicht ganz unglücklich, dass unsere Intensiv-Woche Spanisch-Kurs zu Ende ist, fahren wir weiter nach San Miguel de Allende. Die Stadt liegt nur ein paar Stunden weiter südlich, was uns inzwischen wie ein Katzensprung vorkommt. Dennoch verläuft die Anfahrt nicht komplett reibungslos. Nachdem bei dem letzten Navigationsproblem eindeutig Human Error als Ursache identifiziert werden konnte, spinnt dieses Mal Google Maps und schickt uns trotz korrekt übernommener Koordinaten kreuz und quer durch die Stadt. Als wir dann, schon leicht genervt und nur dank Hilfe einer anderen App, endlich am Ziel ankommen, wird uns das Tor von einer süssen Abuela geöffnet, die uns mit einem freundlichen Winken Einlass in den Campground / Tennisplatz gewährt. Richtig gelesen, unser Stellplatz befindet sich zwischen zwei Tennisfeldern. Da Livia's Zeh nach wie vor gebrochen ist, müssen wir aber leider von einem Match absehen und gehen erst mal die Stadt erkunden.
San Miguel de Allende ähnelt in vielerlei Hinsicht Guanajuato. Bunte Häuser, Restaurants, Geschäfte und Museen, eine Vielzahl von historischen Sehenswürdigkeiten aus der Kolonialzeit und jede Menge grüner Parks. Allerdings unterscheiden sich die beiden Städte auch in einem, für uns sehr wesentlichen Punkt, denn war es in Guanajuato ein ständiges Auf und Ab, so ist San Miguel de Allende mehrheitlich flach. Für uns ein Segen, da nun auch Livia ein bisschen mehr Mobilität zurückgewinnt.
Eine Sache, die uns in beiden Städten, wenn nicht sogar schon länger zu verfolgen scheint, ist ein explosiver Lärm. Ein Knallen, das unabhängig von Tages- bzw. Nachtzeit und Ortschaft omnipräsent zu sein scheint. Erst dachten wir, es sei ein Mittel, dass die Bauern anwenden, um Vögel oder andere Diebe von ihrem Saatgut fernzuhalten, was dann allerdings mitten in der Stadt keinen Sinn mehr ergeben hat, also haben wir nachgefragt. Es handelt sich, um eine Tradition zu Ehren der Jungfrau von Guadalupe, die am 12.12. gefeiert wird, Feuerwerk abzulassen. Leider sind es nur Böller ohne visuellen Effekt und man beschränkt sich bei deren Benutzung auch nicht nur auf den einen Tag, sondern fängt schon einen Monat (!) vorher damit an, die Dinger abzuschiessen, weshalb sich unsere Begeisterung ihnen gegenüber in Grenzen hält. Am Feiertag werden wir für die vielen Nächte, in denen wir schon fast im Bett stehen, weil wieder irgendjemand um 4 Uhr früh auf die Idee kommt, die Knaller abzulassen, jedoch unverhofft belohnt. Direkt vor unserem Tennisplatz-Zuhause befindet sich eine eher kleine aber schöne Kirche, die zu Ehren der Jungfrau eine Zeremonie hält. Kirchenchor, Reiterparade, riesige, mit Blumen bestückte Abbilder und Banner. Das volle Programm. Es war sicher nicht die grösste oder wichtigste Parade von Mexiko, aber als einziger Tourist bei einem so wichtigen Tag inmitten der Menschen aus dem Quartier zu stehen, hat uns einen intimeren Einblick gewährt, als es wohl an anderen Orten möglich gewesen wäre.
Wir verlieben uns ganz schön in die Stadt, entdecken allerlei schöne Ecken und eine echte französische Bäckerei mit himmlischen Croissants und machen noch einen Termin mit einem deutschen Mechaniker aus, der sich auf europäische Autos spezialisiert hat, denn unsere Bremsen lassen immer noch zu wünschen übrig. Nachdem er uns lang und breit erklärt hat, dass er wegen der Feiertage eigentlich keine Zeit hat uns aufzunehmen, nur um uns dann dennoch ungefragt für zwei Stunden Reisetipps für den Norden Mexikos, den wir gar nicht bereisen werden oder schon bereits haben, zu geben, machen wir dann endlich eine Probefahrt und die Vermutung, dass unser Bremskraftverstärker hinüber ist, bestätigt sich. Leider ist mittlerweile schon Abend und so übernachten wir auf dem Gelände der Garage, damit seine Mechaniker dann morgen mit der Arbeit beginnen können, was sie nach einer kalten Nacht, denn wir sind immer noch auf 2000 M.ü.M., dann zum Glück auch tun.
Nach getaner Arbeit machen wir uns wieder auf dem Weg nach Hause und müssen uns eingestehen, dass es wohl auch ein wenig unser Fehler war, mit der Erwartung dorthin zu gehen, dass gleich alles mit deutscher Effizienz erledigt wird, denn auch Matthias, der Besitzer der Werkstatt, lebt schon seit einigen Jahrzehnten in Mexiko und so läuft es hier nun mal. Es braucht alles seine Zeit.
Wir bleiben noch einige Tage, lernen unsere Tennisplatz-Nachbarn Rachel und Jeremy aus den USA kennen, die schon seit fünf Jahren mit ihrem RV die Welt bereisen und ganz nebenbei ein erfolgreiches Unternehmen gegründet haben, schneiden uns gegenseitig die Haare, was in beiden Fällen fast zu einem Desaster geführt hat und machen unseren ersten kulinarischen Fehlgriff, nur weil sich der Namen des Gerichts so fabelhaft spanisch aussprechen lässt, dass es Mattia einfach bestellen muss, auch ohne zu wissen, was es ist. Stellt sich heraus, dass sich hinter «Chicharron» gekochte Schweinehaut verbirgt, die in etwa so gut schmeckt wie ein in altes Fett getauchter Schwamm.
Livias Zeh geht es von Tag zu Tag ein besser und so entscheiden wir uns nach Michoacan zu den Schmetterlingen zu reisen, was in etwa so fabelhaft ist, wie es sich anhört, aber mehr dazu im nächsten Beitrag.