Laut Reiseführern eines der am einfachsten zu bereisenden Länder Lateinamerikas. Karibikstrände, Biodiversität und Infrastruktur von der man in anderen Staaten nur träumen kann. Uns stellt es dennoch vor eine Herausforderung, wie wir sie auf dieser Reise noch nie hatten.
Das Vorurteil, Costa Rica sei die Schweiz von Mittelamerika, bestätigt sich bereits an der Grenze. Alles ist wunderbar ausgeschildert, man steht in einer geordneten Schlange, niemand drängelt und die Beamten bemühen sich, den Prozess möglichst effizient zu gestalten. Nur einen Tisch, um die Dokumente auszufüllen, gibt es auch hier nicht. Wir begnügen uns mit einem in die Jahre gekommenen Bürostuhl. Ein bisschen Lateinamerika muss dann doch sein.
Wir fühlen uns schon fast wie zu Hause und sind überrascht, als wir nach nicht einmal einer Stunde schon wieder unterwegs nach Puntarenas sind, wo wir einen eher zweckmässigen Zwischenhalt bei einem deutschen Auswanderer machen, denn zu sehen gibt es in dem Dorf laut unseren Recherchen eigentlich nichts. Leider geraten wir unterwegs in einen Stau und kommen erst viel später als geplant an. Es ist bereits dunkel und wir sind müde. Eigentlich wollen wir nur noch ins Bett, dennoch verwickelt uns der Besitzer in ein unnötiges Gespräch zu den COVID Massnahmen des Landes, zu denen er eine ganz klare Meinung hat. Wir lassen den Redeschwall über uns ergehen und sind froh, als er dann endlich von sich aus merkt, dass er mit uns ein denkbar schlechtes Publikum für seine Tiraden gewählt hat.
Wenn es mit den Auswanderern nicht funken will, dann vielleicht mit den Einheimischen? Wir fahren weiter südlich zu Luis, einem Costaricaner, der die Panamericana bereits mehrmals gefahren ist und auf seinem Grundstück alle Gleichgesinnten herzlich willkommen heisst. Nachdem wir uns einen gemütlichen Stellplatz inmitten seines Gartens gesucht haben, führt er uns herum, stellt uns seiner Freundin vor und bietet uns frischen Saft mit Früchten aus seinem Garten an. Wir unterhalten uns ein wenig über Camper und unsere Reise. Voller Stolz zeigt er uns seine zwei VW T3; nicht die einzigen Autos, die in seiner Garage stehen, und erzählt uns, dass morgen ein Mechaniker vorbeikomme, um ihm bei einem technischen Problem zu helfen. Bei uns wäre auch wieder mal ein Ölwechsel fällig und so fragen wir, ob wir das morgen auch gleich von ihm erledigen lassen könnten. Kein Problem, meint Luis. So einfach haben wir, glaube ich, noch nie einen Punkt auf unserer To-do-Liste abhaken können.
Als wir von unserer Shoppingtour mit Öl und Filter zurückkommen, steht der Mechaniker auch schon da und macht sich sogleich an die Arbeit. Zehn Minuten später kommt dann die Hiobsbotschaft. Wir haben Metallsplitter im Öl. Wir haben zwar keine Ahnung, was das bedeuten soll, man muss aber kein Technikgenie sein, um dem Gesichtsausdruck des Mechanikers abzulesen, dass das keine guten Nachrichten sind. Luis übersetzt uns, dass die Splitter bedeuten, dass irgendetwas im Innern des Motorblocks Reibung erzeugt, wo keine sein sollte. Lösung? Motor ersetzten. Wir sind geschockt, sind wir doch vor weniger als 24 Stunden ohne Probleme mehrere Stunden von der Grenze hierhergefahren. Wie kann das sein?
Es wird Abend, bis wir die Nachricht richtig verdaut haben. Nach langen Diskussionen und Recherche, was wir nun tun sollen, sehen wir momentan eigentlich nur drei Möglichkeiten. Weiterfahren, reparieren oder verkaufen. Erstes schliessen wir dann aber doch aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass Melvan uns in diesem Zustand noch durch Südamerika bringt, ist gering beziehungsweise das Risiko, dass er uns mitten in den Anden aussteigt, einfach zu hoch. Bleiben noch verkaufen und reparieren. Am nächsten Morgen fangen wir bereits früh an zu putzen. Wir haben uns entschieden, Melvan zum Verkauf auszuschreiben. Traurig und ohne Worte machen wir uns an die Arbeit. Wir putzen, schiessen Fotos, schreiben den Bewerbungstext und stellen das ganze online.
Es vergehen Stunden, dann Tage, ohne eine ernstzunehmende Anfrage. Ein grosses Problem ist, dass Costa Rica enorme Steuern auf importierte Autos erhebt, einen einheimischen Käufer können wir deswegen eigentlich vergessen. Potenzielle Käufer wären alleine Reisende, die mit Melvan den Rückweg nach Kanada antreten wollen, hier quälen uns allerdings Gewissensbisse. Umso länger das Inserat online ist, merken wir ausserdem, dass wir Melvan eigentlich gar nicht verkaufen wollen. Wir sind hin- und hergerissen und grübeln nur noch den ganzen Tag in einer endlosen Spirale. Wir brauchen einen Tapetenwechsel! Kurzerhand verabschieden wir uns von Luis und machen uns auf den Weg nach La Fortuna.
Über eine Woche waren wir bei Luis und obwohl wir sehr dankbar für seine Unterstützung sind, tut es auch gut wieder unterwegs zu sein und als ob uns das Schicksal für all die Strapazen der letzten Tage belohnen will, landen wir auf einem Campingplatz, der aussieht wie der Garten Eden. Direkt an einem plätschernden Fluss liegt eine wunderschön gepflegte Anlage, die wir für uns ganz alleine haben. Nach einem leckeren Kaffee in der nahegelegenen Stadt kühlen wir uns im Fluss ab und entspannen danach ein wenig und schauen den Kolibris bei ihrem Treiben zu.
Als wir zu Fuss ins nahegelegene Dorf gehen, sehen wir unterwegs sogar ein Faultier im Baum hängen. Für uns das Erste auf dieser Reise und wenn wir ehrlich sind, hätten wir es auch übersehen, hätte uns nicht ein Kind darauf hingewiesen. Wir stehen zu dritt unter dem Baum und schauen dem Faultier beim Nichtstun zu, bis uns der Nacken wehtut.
Auch wenn das Thema mit dem Motor nach wie vor über uns schwebt wie ein Damoklesschwert, so gelingt es uns dennoch, die Sache manchmal zu vergessen und das Erlebte wieder mehr zu geniessen. Unterwegs zu sein, hilft. Wir fahren entlang des wunderschönen Laguna de Arena, lassen uns den Wind durch die Haare gleiten, machen Halt bei einer deutschen Bäckerei, in der wir das erste Mal seit Monaten wieder dunkles Brot mit einer anständigen Kruste bekommen und sogar Spitzbuben hat er im Angebot.
Unsere Vorratskammer gefüllt mit Backwaren kommen wir nach mehreren Stunden Fahrt in Tamarindo an. Der Ort gefällt uns eigentlich nicht. Grosse Hotelanlagen wechseln sich mit überteuerten Restaurants und Souvenirshops ab, aber wir sind schon so lange auf der Strasse, für heute ist Schuss. Wir finden einen Campingplatz etwas ausserhalb des ganzen Tumults und schaffen es gerade noch rechtzeitig an den Strand, um uns den Sonnenuntergang anzusehen. Wenig später fallen wir müde ins Bett.
Nach einer kurzen Surfsession am Morgen geht es weiter nach Gaza. Das Dorf befindet sich nur wenige Kilometer weiter südlich der Küste entlang und dennoch könnten die beiden Orte kaum unterschiedlicher sein. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Kaum ein Tourist verirrt sich in die Gegend. Umso erstaunter sind wir, als wir auf dem Campingplatz auf Shelly und Tiana treffen. Eine Overlanderin, die wir bei Luis kennengelernt haben und ihre Tochter, die gerade zu Besuch ist. Die Freude über das Wiedersehen ist gross und weil wir uns so wohlfühlen, entscheiden wir uns auch gleich auf Anhieb hier für ein paar Tage zu bleiben.
Weil wir aber auch noch mit Robyn und Rafiq, zwei weiteren Overlandern, die wir bereits seit Guatemala immer wieder treffen, verabredet sind, fahren wir nach drei Tagen weiter in das nahegelegene Samara. Sie sind gemeinsam mit Aylin, einer Backpackerin, die wir ebenfalls bereits von Nicaragua kennen, unterwegs. Ihre Mission: Einen Campingplatz zu finden, der sowohl Aylin als auch Daku, der Hündin von Robyn und Rafiq, gefällt. Aylin soll für einen Monat auf Daku und den Camper der beiden aufpassen, während diese Zuhause ihre Familie und Freunde besuchen gehen. Knackpunkt ist, dass Aylin den Camper nicht fahren darf, da sie nicht als Fahrzeughalterin eingetragen ist, dafür übernehmen Robyn und Rafiq die Kosten für den Campingplatz und somit Logis für die ganze Zeit. Nun sind die vier also schon ein paar Tage auf der Suche nach einem geeigneten Plätzchen. Dies gestaltet sich jedoch schwieriger als gedacht. Einkaufsmöglichkeiten müssen zu Fuss erreichbar sein, der Campingplatz sollte am Strand und idealerweise an einem Surfspot liegen, nicht allzu isoliert und trotzdem ruhig gelegen sein und sich auf keinen Fall in einem Nationalpark befinden, da dort Hunde nicht erlaubt sind. Wir ahnen, dass es keine einfache Aufgabe werden wird, so einen Ort zu finden. Da das Abflugdatum immer näher rückt und wir merken, dass die Stimmung zwischen den dreien in den kommenden Tagen immer angespannter wird, bieten wir uns an, auf Daku aufzupassen, sollten sie keinen passenden Campingplatz finden.
In den folgenden Tagen ziehen wir gemeinsam an der Küste der Halbinsel Nicoya von Strand zu Strand und während die anderen drei damit beschäftigt sind, den perfekten Ort zu suchen, freuen Livia und ich uns über Basilikum, den wir das erste Mal seit Ewigkeiten in einem Supermarkt in Montezuma finden, essen die wohl leckersten Fischtacos seit Mexiko in einem Restaurant in Cabuya und kaufen Sauerteigbrot von einer Bäckerei in Santa Teresa. Nicht dass es uns immer nur ums Essen gehen würde, aber es spricht auch nichts dagegen, die Vorzüge einer internationalen Gastronomie auszunützen, die der Tourismus mit sich bringt.
Ein weiterer Grund, weshalb wir wieder Appetit gefunden haben ist, dass wir nach tagelangen Diskussionen und etlichen Stunden Recherche eine Entscheidung getroffen haben. Wir werden den Motor von Melvan ersetzten lassen. Wir haben einen Mechaniker in der Hauptstadt San José gefunden, der nicht nur mit den besten Empfehlungen von gleich mehreren Bekannten kommt, sondern auch per Zufall einen restaurierten Motor hat, den er uns für einen guten Preis verkaufen will. Da wir aber keine Lust haben, zwei Wochen in der Hauptstadt im Landesinneren zu verbringen, denn solange dauert es, den Motor zu ersetzten, buchen wir eine Unterkunft in Playa Hermosa.
Wir nehmen die Fähre von Nicoya zurück zum Festland, machen einen letzten Grosseinkauf und räumen Melvan auf dem Parkplatz der Unterkunft komplett leer, nur um all unser Hab und Gut wenige Meter weiter im Wohnzimmer wieder auszubreiten. Innert kürzester Zeit sieht die Wohnung aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Uns ist schleierhaft, wie wir es geschafft haben, so viele Sachen in einem so kleinen Auto unterzubringen. Viel Zeit aufzuräumen bleibt uns aber nicht, denn wir erwarten Besuch.
Pünktlich um 3 Uhr stehen Robyn, Rafiq, Daku und Aylin auf der Matte. Diese waren uns einige Tage voraus und haben weiterhin fleissig Ortschaften abgeklappert. Leider ohne Erfolg. Nun geht der Flug nach Hause aber bereits morgen und Aylin hat sich entschieden, wieder nach Nicaragua zu reisen. Daku wird sich wohl oder übel mit uns als Hundesitter begnügen müssen. Zu stören scheint es sie nicht. Fröhlich mit dem Schwanz wedelnd erkundet sie erst jedes Zimmer und dann den Garten. Unser gemeinsames Zuhause für die nächsten zwei Wochen. Selbst als sich die drei von uns verabschieden, scheint das Daku nicht besonders zu interessieren und auch der erste Strandspaziergang verläuft recht munter.
Mit einem weiteren Familienmitglied müssen wir einige Dinge umstrukturieren. So bringe ich Melvan anders als gedacht alleine nach San José zum Mechaniker und nehme den Bus zurück, während Livia zu Hause bleibt und auf Daku aufpasst, denn Hunde sind in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Cosa Rica nicht erlaubt. Abgesehen davon verlaufen die nächsten 14 Tage aber reibungslos. Der Strand von Playa Hermosa ist ruhig und somit ideal für unsere täglichen Spaziergänge. Ausserdem haben wir durch die neu gewonnene Routine und eine stabile Internetverbindung auch die Möglichkeit, Dinge wie die Verschiffung von Melvan von Panama nach Kolumbien zu organisieren und den Segeltörn für uns zu buchen. Von unserem Mechaniker bekommen wir währenddessen tägliche Updates zum Stand der Reparatur.
Die Tage verstreichen und schon bald erhalten wir die lang ersehnte Nachricht, dass wir Melvan abholen können. Aus denselben Gründen wie beim ersten Mal gehe ich wieder alleine los, treffe unseren Mechaniker diesmal aber auf halber Strecke, weil er noch eine Testfahrt machen wollte, bevor er uns Melvan übergibt. Nach dem üblichen Smalltalk und einem kräftigen Händedruck verabschiede ich mich und bin überglücklich, als ich die kurvige Strasse entlang der Küste zurück nach Playa Hermosa fahre.
In einem Haus zu wohnen war ohne Zweifel schön, dennoch freuen wir uns sehr, als wir am nächsten Morgen losfahren. All unsere Sachen wieder einzuräumen hat besser geklappt als gedacht, nur Daku war ein bisschen verwirrt, weshalb sie ihre geräumige Terrasse plötzlich gegen den schmalen Platz zwischen den beiden Vordersitzen tauschen soll. Bis wir in Uvita ankamen, hat sie sich aber bereits an die spärlichen Platzverhältnisse gewöhnt. Dort angekommen werden wir von einer netten deutschen Familie auch gleich zu einem Kaffee im Schatten ihres riesen Reisemobils eingeladen, gehen surfen und verbringen den Rest des Tages damit, uns wieder häuslich einzurichten.
Wir verbringen einige Tage mit der deutschen Familie, die uns mit der Zeit richtig ans Herz wachsen, nicht zuletzt, weil die beiden Eltern jedem Morgen mit einer Kanne Kaffee auf uns warten und wir gemeinsam gemütlich in den Tag starten. Ein kleiner Haken hat das Paradies allerdings. Der Strand ist ein Nationalpark und darin sind keine Hunde erlaubt. Blöd nur, dass Daku Strände über alles liebt. Auch wir finden es nicht gerade witzig uns durch das Unterholz zu schlagen, obwohl nur wenige Meter weiter das Gassi gehen so viel einfacher fallen würde. Zu allem Überfluss geht uns dann auch noch das Propan aus, als wir Brot backen wollen. Wir entschliessen uns, weiterzufahren.
Als wir in Pavones ankommen, ist es bereits dunkel. Unterwegs haben wir zigmal an Tankstellen angehalten in der Hoffnung unseren Propantank auffüllen zu können, leider ohne Erfolg. Frustriert nehmen wir unsere Niederlage an und vertreten uns erst mal die Füsse, denn auch Daku hat den ganzen Tag noch keine zehn Schritte getan. Lange sollte aber auch dieser Ausflug nicht werden. Nach 5 Minuten regnet es, als hätte jemand einen Wasserhahn über Pavones aufgedreht. Schnell laufen wir zum Camper zurück und legen uns, nachdem wir uns alle drei trocken gerubbelt haben, schlafen. Genug für heute.
Am nächsten Morgen sieht dann die Welt schon ganz anders aus. Als wir die Tür öffnen, scheint die Sonne bereits am wolkenlosen Himmel. Die letzte Nacht haben wir auf dem öffentlichen Parkplatz des Dorfes verbracht. Zum einen, weil wir im dunklen und strömendem Regen nicht noch nach einer Bleibe suchen wollten, zum andern war es schon so spät, dass wir uns die Kosten für Übernachtung auch sparen konnten. Da wir aber kein Propan mehr haben und somit nicht kochen können, müssen wir wohl oder übel in ein Hostel mit Küche einchecken. Ein Glück, dass wir bereits von anderen Reisenden einen Tipp bekommen haben. Beim Hostel Casa Carol dürfen wir Melvan mitten in den grünen Vorgarten stellen und sämtliche geteilten Bereiche wie Duschen, Essbereich und Küche mitbenutzen. Die Atmosphäre ist relaxed und wir fühlen uns von Anfang an wohl. Auch Daku scheint damit einverstanden eine Weile hier zu bleiben, hat sie doch endlich ihren lang ersehnten Strand und noch wichtiger einen Spielgefährten, denn ein Gast des Hostels hat einen Welpen und die zwei verstehen sich prächtig.
Wir bleiben über eine Woche hier. Der Strand ist einfach sagenhaft schön, die Einheimischen unfassbar nett und die Wellen haben, obwohl nicht die besten Bedingungen herrschen, die perfekte Grösse für uns. Wir laufen jedem Morgen für eine Stunde oder mehr mit Daku am einsamen Strand entlang, stürzen uns täglich für 1–2 Stunden in die Fluten und zwischendurch quatschen wir uns mit anderen Gästen des Hostels fest, kochen gemeinsam oder faulenzen in der Hängematte und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen.
Es ist schon fast ein Monat vergangen, seitdem wir Daku aufgenommen haben. Robin bleibt zwar noch einen weiteren Monat in Kanada, aber Rafiq kommt schon bald zurück und auch wir haben Grosses vor. Nicht nur wurde Livia die Ehere zuteil, die Patenschaft für ein Kind ihrer Freundin Regina zu übernehmen, vor über einem halben Jahr haben wir ausserdem erfahren, dass sie Tante werden wird. Nun, da beide Kinder auf die Welt gekommen sind, wird es für uns nach so langer Abwesenheit Zeit wieder in die Schweiz zurückzukehren, auch wenn nur temporär. Ursprünglich waren zwei Wochen geplant, als wir angefangen haben uns mit Freunden und Familie zu verabreden, haben wir schnell gemerkt, dass es sehr knapp wird, sämtliche Besuche in dieser Zeit unterzubekommen. Kurzerhand entscheiden wir uns, den Flug nach Zürich um eine Woche vorzuziehen. Das gibt uns nicht nur ein wenig mehr Luft in unserer Planung, sondern deckt sich auch ideal mit der Ankunft von Rafiq.
Wir brechen also unsere Zelte im Garten von Casa Carol ab und fahren wieder nördlich, der Küste hoch. In Jaco, dem Nachbardorf von Playa Hermosa, machen wir einen Zwischenhalt. Es ist bereits später Nachmittag als wir ankommen, aber die Flut hat eben ihren Höhepunkt erreicht und die Wellen sind perfekt. Während Livia noch einige Besorgungen im Dorf macht, paddle ich noch für ein letztes Mal raus und erwische tatsächlich einige Wellen.
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf und fahren nach San José. Wir haben uns mit Rafiq nahe dem Flughafen verabredet, um Daku zu übergeben. Etwas traurig sind wir schon. Die Hündin ist uns mit ihrer tollpatschigen Art über die letzten Wochen so sehr ans Herz gewachsen und auch sie scheint zu merken, dass etwas in der Luft liegt. Zum Glück sind wir etwas zu früh und haben noch Zeit zu kuscheln, bevor wir Abschied nehmen müssen. Wir unterhalten uns noch kurz mit Rafiq, dann machen wir uns auf dem Weg zu José Carlos, unserem Mechaniker.
Während den Arbeiten am Motor, sind noch einige andere Kleinigkeiten aufgetaucht, für deren Reparatur es aber zeitlich nicht mehr gereicht hat. Nun, da wir Melvan die nächsten drei Wochen sowieso in einer Garage hätten einstellen müssen, haben wir uns gedacht, können wir ihn auch wieder zu José Carlos bringen, damit er diese Reparaturen noch nachholen kann. So sparen wir uns die Kosten für die sichere Unterbringung und haben bei unserer Rückkehr einen komplett überholten Van. Schnell noch unsere Taschen gepackt, Schlüssel abgegeben und schon geht es mit dem Uber zum Hotel.
Die Nacht war kurz. Wie sich herausstellte, liegt unser Hotel direkt an einer Zuglinie. Bis um Mitternacht donnerten und quietschten die Wagons im 15-Minuten-Takt an uns vorbei, nur um nach einigen Stunden Pause um 4 Uhr morgens wieder einzusetzen. Mit Augenringen checken wir aus dem Hotel aus, lassen unser Gepäck aber noch da, um die Stadt noch ein wenig erkunden zu können. Auch hier haben wir uns mehr erhofft. Wir laufen ziellos durch die grauen Blöcke und lassen schlussendlich die Stunden in einem Café verstreichen, bis wir endlich zum Flughafen können. Um 18:30 ist es dann endlich so weit. Wir heben ab. Nächster Halt: Zürich!
Eigentlich hat die Schweiz in unserem Reiseblog nichts verloren und trotzdem gehört der kurze Heimaturlaub irgendwie auch zu unserem Abenteuer. Dennoch werde ich mich angesichts der Länge dieses Beitrages bemühen, diesen Abschnitt so kurz wie möglich zu halten.
Etwas durch den Wind kommen wir am Nachmittag in Zürich an. Dass wir eine Woche früher als geplant hier sind, haben wir nur wenigen Leuten Bescheid gesagt. Wir möchten unsere Freunde und Familie überraschen, was uns auch gelingt. Andrea bricht, als wir unangemeldet vor ihrer Haustür stehen, in Tränen aus und auch meine Eltern müssen erst mal verarbeiten, weshalb wir plötzlich auch zum Brunch bei meiner Schwester sind. Im Seeland haben wir uns angekündigt, um die Nerven der frisch gebackenen Eltern und Grosseltern zu schonen, dennoch ist auch da die Freude gross. Den Nachwuchs von Familie und Freunden zum erstem Mal zu sehen (es sind drei Babys) und die Eltern in ihrer neuen Rolle zu erleben war ein Geschenk für uns. Die Tage vergehen wie im Flug. Wir rennen von einer Verabredung zur nächsten und doch geht uns die Puste nie aus. Der Herbst zeigt sich von seiner schönsten Seite und allgemein könnte man meinen, eine übernatürliche Macht würde alle Register ziehen, um unseren Aufenthalt, wo es nur geht, zu versüssen. Bis uns zwei Balken einen Strich durch die Rechnung machen. Nach einem Sonntagsspaziergang fühle ich mich nicht gut und mache ich einen COVID Test, der dann auch sofort positiv ausfällt. Wenige Stunden später liege ich flach im Bett und dieses werde ich die nächste Woche auch nicht mehr verlassen. Livia, so denken wir, bleibt erst noch verschont, zwei Tage später ist aber auch ihr Testergebnis positiv und sie gesellt sich zu mir ins Bett. So verbringen wir die letzte Woche unseres Heimaturlaubs in Isolation und müssen sogar unseren Flug um eine Woche verschieben, was zum Glück von unserer Reiseversicherung übernommen wird.
Ohne uns von unseren Freunden und Familien verabschieden zu haben, kommen wir wieder in San José an. Krank sind wir zwar nicht mehr, aber so wirklich fit fühlen wir uns dennoch nicht. Nach dem letzten Hotel-Desaster haben wir uns entschlossen, die Stadt zu meiden und stattdessen eine Unterkunft in der Nähe des Flughafens gebucht. Dort angekommen gibt es Nudelsuppe und Netflix zum Abendessen, zu mehr sind wir nicht mehr fähig.
Ausgeschlafen gehen wir am nächsten Morgen zum Mechaniker, um Melvan abzuholen. José Carlos empfängt uns herzlich und zeigt uns, welche Reparaturen er während unserer Abwesenheit vorgenommen hat. Danach brechen wir zu einer Probefahrt auf. Lange wird sie nicht. Der Motor würgt ständig ab, wenn wir im Leerlauf sind. Wir fahren zu einem befreundeten Mechaniker, der eine Maschine hat, um die Abgase auszuwerten. Glücklicherweise ist das Problem nach ein paar gedrehten Schrauben behoben. Zum Glück, denn die temporäre Importbescheinigung von Melvan läuft bald aus. Noch eine Woche beim Mechaniker wäre nicht drin gelegen.
Nun scheint aber alles zu funktionieren und wir fahren weiter. Diesmal an die Ostküste. Nach einem Zwischenstopp in den Bergen kommen wir am nächsten Tag bei Heinz und Anita in Cahuita an. Den Kontakt hat unser Mechaniker eingefädelt. Das Schweizer-Ecuadorianische Auswandererpaar hat auch einen T3 und lebt schon seit einigen Jahren am Rande des Nationalparks. Wir sind eingeladen auf ihrem Grundstück zu campen, werden mit offenen Armen empfangen und erhalten sogleich eine Tour durch das Haus und den wunderschönen Garten. Die beiden könnten unsere Großeltern sein und dennoch merken wir beim Abendessen kaum etwas vom Altersunterschied. Die Themen sind so zeitgemäss und ihre Ansichten so modern, wie wir sie selbst von Gleichaltrigen nicht unbedingt erwarten würden.
Am nächsten Tag machen wir uns auf Entdeckungstour im Nationalpark. Der Wanderweg führt uns durch den Dschungel entlang der Küste. Unterwegs begegnen wir zahlreichen Tieren, darunter Affen, Waschbären und sogar ein Faultier mit Baby hängt lässig im Baum. Wir kommen aus dem Staunen fast nicht mehr raus. Nach einer kurzen Pause an einem der zahlreichen mini Strände machen wir uns dann aber doch mal auf den Heimweg. Es ist schon spät geworden, und schliesslich haben wir Heinz und Anita noch zum Abendessen eingeladen.
Wir möchten die Gastfreundschaft der beiden nicht überstrapazieren und so machen wir uns am folgenden Tag auf den Weg nach Playa Grande. Der Strand liegt nur wenige Kilometer südlich und wird unser letzter Stopp in Costa Rica sein. Zeit, nochmal alles herauszuholen. Wir finden ein gemütliches Plätzchen unter Palmen, ich gehe surfen, obwohl es praktisch keine Wellen hat und Livia macht es sich in der Hängematte gemütlich. Beach live vom Feinsten und genau das, woran wir uns erinnern wollen, wenn wir an Costa Rica denken.
Zeit, sich zu verabschieden. Wir fahren vorbei an Bananenplantagen, parken auf Anweisung eines Zollbeamten mitten auf einer Brücke und brauchen in einem Supermarkt noch unsere letzten Colón auf. Zwei Stempel in den Pass, das Auto ausgeführt und das war es auch schon. Panama wir kommen!
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