top of page

Mexico City

Noch völlig baff von den tausend Schmetterlingen, die uns vor einigen Stunden noch umgeben haben, machen wir uns weiter auf den Weg nach Teotihuacán.


Die Ruinenstadt ist nicht nur die grösste in Amerika, sondern auch die erste, die wir auf unserer Reise besuchen werden. Sie entstand im sechsten Jahrhundert vor Christus und war die wichtigste und mit Abstand die grösste Stadt Mesoamerikas, bis sie, aus bis heute ungeklärten Gründen, verlassen wurde. Leider ist über die Geschichte relativ wenig bekannt, da Teotihuacán keine geschriebene Sprache kannte und somit sämtliche Überlieferungen mit dem Aussterben der Kultur verloren gingen. Doch all das erfahren wir erst viel später, denn wir begehen zwei fatale Fehler: Erstens machen wir uns erst gegen Nachmittag auf den Weg zu den Ruinen, zweitens haben wir uns nicht vor deren Besuch über die Historie erkundigt.

Als wir um 16:00 Uhr in bei der Sonnenpyramide, die übrigens die drittgrösste Pyramide der Welt ist, staunen wir nicht schlecht ab den Menschenmassen, die sich darum versammelt haben. Wir versuchen die grössten Hotspots zu umgehen und schauen uns erst mal die kleinere Mondpyramide und einige Nebengebäude an. Informationstafeln gibt es nicht und auch wenn die Dimensionen eindrücklich sind, wirklich geniessen können wir es nicht. Zu viele Menschen und Souvenir-Verkäufer, die sich mit ihren Pfeif- und Trommelkünsten gegenseitig zu übertrumpfen versuchen. So beschliessen wir nach nur knapp einer Stunde das Areal wieder zu verlassen und uns auf den Rückweg zu unserem Campingplatz zu machen.

Dort angelangt, kommen wir auch gleich mit einer australischen Familie ins Gespräch. Das Ehepaar, Michael und Maria, ist schon seit längerem im Camper unterwegs, die erwachsene Tochter, Jess für einige Tage auf Besuch. Wir sprechen ein wenig darüber, wie es so ist, über die Feiertage weg von Zuhause zu sein und verabreden uns dann spontan, Weihnachten zusammen in Mexiko City zu feiern.

So geht es am nächsten Tag mit dem Uber nach Mexiko City. Melvan haben wir auf Empfehlung von einigen anderen Reisenden auf dem Campingplatz zurückgelassen. Zu viel Verkehr in der Stadt. Wer sich da nicht auskennt, ist schnell verloren. Uns ist es recht. Wir haben uns zur Abwechslung ein schickes Airbnb in einem hippen Quartier gegönnt, wo wir fürs Erste aber nur schnell unsere Taschen deponieren. Uns zieht es in die Strassen und Parkanlagen von Roma Norte. Wir schlendern an den stylisch dekorierten Schaufenstern und Cafés vorbei und saugen den City-Vibe in uns auf, denn auch wenn wir keinen Moment der letzten Wochen und Monate in der Natur wieder hergeben wollten, geniessen wir beide auch die Annehmlichkeiten, die das Stadtleben zu bieten hat. Auch Livias Zeh scheint es auf wundersame Weise plötzlich wieder besser zu gehen. Zumindest hinkt sie nicht mehr. Der Zauber der schönen Dinge.

Das Weihnachtsessen, zu dem wir von unseren neu gewonnenen, australischen Freunden eingeladen wurden, steht vor der Tür und wie es der schweizerische Anstand gebührt, haben wir angeboten, ein Dessert mitzubringen. Da wir in unserem Airbnb keine Küche haben, kommt selber machen nicht in Frage, wir haben jedoch auf Google Maps eine Schweizer Bäckerei und Confiserie ganz in unserer Nähe gefunden. Entschlossen dem Stereotyp gerecht zu werden, machen wir uns auf den Weg um Cremeschnitte und Co. zu besorgen. Als wir in die Strasse abbiegen, staunen wir jedoch nicht schlecht. Eine Schlange, die beinahe den gesamten Häuserblock umfasst, steht für dieselben Köstlichkeiten an, auf die wir es abgesehen haben. Eine Stunde in der prallen Sonne für Törtchen anzustehen, scheint uns dann doch etwas übertrieben. Wir machen uns auf die Suche nach einer Alternative, klappern Warenhäuser und Bäckereien ab, ohne etwas Vergleichbares zu finden. Es wird langsam spät und wir haben uns noch zu Drinks mit Jess verabredet. Wir werfen das Handtuch. Auch eine Bar, die an Heiligabend geöffnet hat, zu finden, scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Wir irren über eine Stunde umher, bis wir eine Brauerei finden, die noch gewillt ist uns eine letzte Runde auszuschenken, danach ist dann aber auch hier Schluss. Wir sind dennoch glücklich, denn auf unserem erfolglosen Pub crawl laufen wir rein zufällig nochmal an der Schweizer Bäckerei vorbei und siehe da, diese hat noch spätabends geöffnet und auch die Schlange davor hat sich verflüchtigt. Ein Weihnachtswunder?

Weihnachten starten wir unkonventionell. Ich (Mattia) wollte unbedingt ins Museum für Anthropologie, da es eine der umfassendsten Sammlungen von Artefakten der indigenen Kulturen Amerikas besitzt. Erstaunlicherweise sind wir fast alleine und lernen auf den beinahe 80'000 m² Ausstellungsfläche letzten Endes doch auch noch einiges über die Geschichte der Ruinen von Teotihuacán.

Am X-mas Dinner kommt dann das Beste aus aller Welt zusammen. Wir beginnen mit Margaritas, schlemmen Truthahn (wir haben wohl vergessen zu erwähnen, dass wir Vegetarier sind und machen heute mal eine Ausnahme) und zum Nachtisch gibt es verschiedene Schweizer Köstlichkeiten. Die Stimmung ist ausgelassen und die Gespräche geistreich. Würde von aussen jemand durchs Wohnzimmerfenster schauen, würde er wohl kaum darauf kommen, dass das hier kein Familienfest ist. Um Mitternacht verabschieden wir uns dann langsam und laufen nach Hause. Was für ein gelungener Abend!

Mit Franzisco waren wir bereits einige Wochen zuvor an der Pazifikküste unterwegs, bis er aus beruflichen Gründen wieder nach Mexiko City, sein Heimatort, zurückmusste.

Wir haben uns für den Nachmittag verabredet und so treffen wir ihn, zusammen mit Nicole und Jose, zwei Freunde, die er mitgebracht hat, im nahegelegenen Park. Wir sind trotz Festschmaus vom Vorabend hungrig. Ein Glück, dass es gleich um die Ecke „die besten Fischtacos von ganz Mexiko gibt“, meint Franzisco, und wir müssen zugeben, die Tacos sind wirklich köstlich. Später setzten wir dann mit Churros noch einen drauf und unterhalten uns bis spät in die Nacht auf unserer Dachterrasse über Gott und die Welt.

Wir erleben viel und die Tage in Mexiko City gehen so schnell vorbei, dass wir uns schon beinahe überlegen, unseren Aufenthalt zu verlängern. Aber wir freuen uns auch, als es mit dem Uber wieder raus aus der Stadt geht und mit jedem Kilometer, den wir uns Melvan nähern, wächst auch die Lust, das Abenteuer vorzusetzen. Wohin? Das verraten wir euch im nächsten Beitrag.





bottom of page