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Alaska Highway

Der Alaska Highway oder auch «Alcan» bezaubert uns durch seine Aussicht über scheinbar endlose Wälder und eine Vielzahl von Bären, Bisons und anderen Wildtieren, die uns im wahrsten Sinne des Wortes über den Weg laufen.


Nachdem wir unsere Freunde Betti und Lars in Jasper verabschiedet haben (siehe letzter Beitrag) geht es für uns weiter Richtung Norden auf dem Alaska Highway. In Dawson Creek schiessen wir das beinahe obligatorische Foto am «Mile 0 Post» der den Anfang des Alaska Highway oder auch kurz Alcan genannt, markiert. Gleich daneben statten wir dem örtlichen Visitor Center noch einen Besuch ab, denn auch wenn diese manchmal von Touristen nur so strotzen, erfährt man von den lokalen Mitarbeitern vieles über die Gegend und erhält hie und da ein Insidertipp bezüglich gratis Übernachtungsmöglichkeiten.

Und so erfahren wir auch hier vieles über die Geschichte des Alcans, was einem umso mehr Lust macht die Reise anzutreten, wie zum Beispiel das die Strasse 1942 von der US Army erbaut wurde, um einen Angriff der Japaner abwehren zu können, was nach Pearl Harbor durchaus realistisch zu sein schien. So machten sich im März 1942 auf Befehl des amtierenden Präsidenten Roosevelt und mit der Erlaubnis der kanadischen Regierung 11'000 Soldaten und 16'000 Zivilisten auf und erbauten innerhalb von gerade Mal neun Monaten (!) den 1500 Meilen (ca. 2.414 km) langen Highway, welcher bis zur Fertigstellung unglaubliche 140 Millionen US-Dollar verschlingen und somit das teuerste Bauwerk des Zweiten Weltkriegs werden sollte. Reiselustig und mit Wissen gefüttert zieht es uns auf die Strasse und es dauert nicht lange, da erspähen wir schon unseren ersten Bären seit unserem Trip in den Nationalparks; und den zweiten und bald den dritten und da noch ein Bison und und und… Schnell wird uns klar, die Vielfalt der Wildtiere auf dem Alcan ist unfassbar und bei jeder Begegnung werden wir wieder aufs neue von der Anmut, Eleganz und manchmal auch Tollpatschigkeit der Tiere in Bann gezogen, um dir, lieber Leser aber die Einzelheiten jeder Tierbegegnung zu ersparen (und weil das ansonsten den Rahmen unseres Blogbeitrags sprängen würde) präsentiere ich an dieser Stelle lieber einige unserer Schnappschüsse und überlasse den Rest deiner Vorstellungskraft.

Nach ein paar Meilen beginnt sich die Landschaft allmählich zu ändern. Die endlosen Wälder weichen den immer höher werdenden Berggipfeln und die Strasse wird kurviger. Schon bald, was auf diesem Highway nach ein paar Tagen bedeutet, weil die Distanzen zwischen den Sehenswürdigkeiten extrem lange sind, erreichen wir die Liard River Hot Springs.


Zwar haben wir angenehme 25 Grad Aussentemperatur, das Bad in Mitten der Kanadischen Wildnis gehört in unseren Augen aber zum Pflichtprogramm, weshalb wir in unsere Badesachen schlüpfen und uns im unerwartet heissen Wasser vorkommen wie zwei Hummer bei ihrem letzten Bad. Die Architektur des Bades, und das lässt sich bisher wirklich bei wenigen Gebäuden sagen, finden wir sehr toll, da sich das komplett aus Holz gefertigte Häuschen an die zwei naturbelassenen Pools anschmiegt, sodass wir beinahe den ganzen Nachmittag auf einer Bank verbringen und uns bräunen. Fazit: Wer da einmal vorbeikommt, unbedingt hingehen!

Total fertig von der Hitze steigen wir in unseren Van und entscheiden uns die Nacht am nahegelegenen Liard River zu verbringen. Schnell die Hängematte gespannt und das Feuer für unser Nachtessen entfacht, lassen wir den Abend bei Sonnenuntergang ausklingen und freuen uns auf die nächste Etappe.

Denn auch der nächste Tag hält ein Highlight des Alaska Highways bereit. Der «Signpost Forrest» hat seinen Anfang bei der Erbauung des Highways genommen, als ein heimwehgeplagter Soldat ein Strassenschild seines Geburtsortes an einem Pfosten montierte. Viele weitere taten es ihm gleich und bis heute kommen neue Strassen- und Ortsschilder von Reisenden dazu, sodass der Schilderwald mittlerweile auf über 75'000 Schilder gewachsen ist! Nach einer Stunde umherwandern gaben wir die Suche nach einem Zürcher Schild auf (hätten wir das gewusst, hätten wir eins mitgenommen). Völlig unverhofft treffen wir dann aber doch noch auf ein Ortsschild von Grenchen, wo ein Teil von Livias Familie wohnt. Erfolg!

Unseren nächsten Stopp legen wir am Kluane Lake ein. Der halb ausgetrocknete See erinnert uns an eine flache Wüste und auch die Landschaft wird immer karger. Da wir die letzten Tage mehrheitlich sitzend in unserem Van verbracht haben, zehren wir uns nach etwas Bewegung und so erkundigen wir uns im Visitor Center bei einem Ranger nach den besten Wanderrouten der Umgebung. Schnell den Rucksack geschultert und die Flip-Flops gegen Wanderschuhe getauscht geht es auf einen nahegelegenen Gipfel von wo aus wir einen super Blick über den Gletscher geniessen.

Wir geniessen seit ein paar Wochen super Wetter, tolle Landschaften, nette Leute und die Einsamkeit der Wildnis des Yukon, mit anderen Worten, es läuft alles SUPER! Weil aber bekanntlich nichts ewig währt und sich das Schicksal wohl durch unsere gute Laune herausgefordert gefühlt hat, macht es uns am folgenden Tag einen gewaltigen Strich durch unsere Happy-Rechnung. Melvan springt nicht mehr an. Was wir erst darauf schieben, dass wir die Batterie überbeansprucht haben, da es uns die ersten Male mit Starthilfe gelingt, den Karren wieder in Gang zu bringen, beim dritten Mal bringt leider nicht mal mehr das was. So fest wie wir vorher die Abgeschiedenheit des Yukon genossen haben, so beängstigend kommt sie uns in diesem Moment vor. Kein Telefonnetz, kein Dorf, nur Melvan der in einem Waldweg steckt und da nicht mehr raus will. Wir sehen uns schon völlig abgemagert und in zerrissenen Klamotten auf Eichhörnchenjagt. Wer «Into the Wild» gesehen hat, weiss was wir meinen. Gott sein dank springt Melvan dann nach dem sicher fünfzigsten Versuch dennoch an, welch Erleichterung, wir müssen nicht verhungern! Nach diesem Schock entscheiden wir uns schnurstracks und ohne Zwischenstopp nach Whitehorse, der Hauptstadt von Yukon, zu fahren und dort einen Mechaniker aufzusuchen. Dort erhalten wir von einem älteren, asiatischen Mechaniker dann auch nach einer Stunde die Diagnose, dass der Kontakt zum Starter korrodiert ist und deshalb nicht mehr richtig leitet, dieser aber schnell und einfach zu ersetzten sei. Gesagt, getan und so befinden wir uns nach wenigen Stunden wieder auf der Strasse.

So tuckern wir weiter und nähern uns langsam aber sicher der Grenze zu Alaska. Da es bereits recht spät geworden ist, entscheiden wir uns die Nacht noch in Kanada zu verbringen und den Grenzübergang am nächsten Vormittag, um der Rushhour auszuweichen, zu machen. So fahren wir am Morgen mit Visum und Pass, ein wenig nervös los. Dort angekommen fragt uns der Zollbeamte nach unserem ESTA Formular, woraufhin ich (Mattia) freundlich aber bestimmt antworte, dass wir keines haben und auch keines benötigen, da wir von der amerikanischen Botschaft ein Visum genehmigt bekommen haben. Unbeeindruckt und in der Freundlichkeit eines jeden amerikanischen Zollbeamten schickt er uns auf den Parkplatz neben dem Gebäude, wir sollen uns drinnen am Schalter melden. Mit einem Flauen Gefühl geben wir unsere Pässe dem wortkargen nächsten Beamten ab, der daraufhin 10 Minuten etwas in seinen Computer eintippt ohne uns eines Blickes zu würdigen. In Gedanken sehe ich uns schon in Handschellen abgeführt, da werden wir mit einem «You can stay for 6 month in the United States, do NOT overstay» wieder in die Freiheit und somit in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten entlassen. Hell Yeah!

Nach all diesen Strapazen brauchen wir erst mal ein wenig Balsam für die Seele. Wir haben bei IOverlander von einem super Campingplatz gleich nach der Grenze gelesen, auf dem man sich gratis Kanus ausleihen kann und so kehren wir schon gegen Mittag dort ein. Begrüsst werden wir von einem blonden, mittelgrossen Hund, der frei herumzulaufen scheint, die Besitzer können wir auf alle Fälle nicht ausfindig machen. Als er nach unserer ausgiebigen Kanutour dann immer noch neben unserem Van steht und mit riesen Kulleraugen nach Essen bettelt, essen wir zu dritt zu Abend, wobei immer mal wieder ein Stückchen Fleisch unter den Tisch wandert.

Schweren Herzens verabschieden wir uns am Morgen darauf von unserem neuen Freund, den wir schon so ins Herz geschlossen haben und machen uns auf Richtung Delat Jct., das Ende des Alaska Highway. In Gedanken versunken nähern wir uns unserem Ziel, zum Teil freudig die erste Etappe geschafft zu haben, zum Teil traurig, dass diese schon vorüber ist.

Auf dem Parkplatz des Visitor Centers, welches sich am Endpunkt des Highways befindet machen wir Halt, um kurz ein paar Schritte zu tun und etwas zu essen. Wir haben es geschafft! Alaska Highway; Check! Weiter geht’s Richtung Fairbanks. Wir steigen ein, drehen den Schlüssel in der Zündung. Klack, klack, klack… Da aber dieser Blogbeitrag dem Alaska Highway gewidmet ist, wird diese Geschichte wohl bis zum nächsten Beitrag warten müssen. Was für ein Cliffhanger! ;-)


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